Liebe auf der Überholspur

Liebe auf der Überholspur

Thank God, it’s friday. Wenn ich meinen Job auch sonst sehr gerne ausübe, heute trifft das “TGIF” mehr denn je zu. Egal, der Tag ist geschafft, raus hier. Ich will von Geschäftsabwicklungen, Meetings, Konferenzen und Bilanzen nichts mehr hören. Naja, zumindest für dieses Wochenende. Am nächsten Montag werde ich mich zwangsläufig wieder damit konfrontieren müssen, denn es ist ja schließlich mein Job. Aber bis dahin ist es noch lange hin und ich genieße jetzt erst einmal mein wohlverdientes Wochenende, indem ich heute gar nichts mehr tun werde. Absolut nichts. Ich werde mich einfach auf die Couch legen und TV schauen. Um Jens muss ich mir in Bezug auf die Lümmel-Bereitschaft nun wirklich keine Sorgen machen. Er ist ja erst wieder ab morgen Vormittag aktiv, wenn es darum geht seiner wahren Liebe zu frönen. Ich bin es jedenfalls nicht. Denn dafür habe ich zu wenig “PS unter der Haube” Sein Herz gehört schnellen Autos.

Es ist halt seine Leidenschaft

Nein, nicht einfach nur Autos, wie er mir erklärte. Ein Porsche ist kein Auto, sagt Jens. Ein Porsche ist die perfekte Symbiose aus beeindruckender Geschwindigkeit und eleganter Schönheit, welche mit einem leistungsstarken Motor in einem Metallkleid (er meint die Karosserie) verankert wurde, um seinen Besitzer auf berauschende Weise zu dienen. Ist das zu fassen? Unser Hochzeitsgelübde musste er mit der Begründung er könne nicht schreiben, aus dem Internet heraussuchen. Aber wenn es um seinen geliebten Porsche geht, wird er plötzlich zum Dichter. Ich habe ja durchaus Verständnis für sein Hobby, aber manchmal frage ich mich ernsthaft, wie es wohl wäre wenn er seinen eigenen Porsche hätte und sich nicht jeden Samstag einen Wagen mieten müsste. Ist der Reiz daran dann immer noch existent oder wird ein eigener Porsche schnell zur Selbstverständlichkeit, weil er immer vor der Tür steht und dementsprechend keine Besonderheit mehr darstellt? Sportliche Autos werden im Volksmund ja immer als “Penisverlängerung” verschrien. Aber das kann es nicht sein, denn was das angeht, so ist mein Jens bestens ausgestattet. Und in einer “Midlife Crisis” sollte er sich auch noch nicht befinden. Dafür sind wir (besonders ich) noch viel zu jung. Einer Studie zufolge üben Autos auf manche Menschen eine ähnliche Wirkuns aus wie Sex. Er war jedenfalls bereits sejhr leidenschaftlich als wir uns kennengelernt haben. Schon bei unserem ersten Date durfte ich mir viele “spannende” Geschichten über seine Porsche-Abenteuer anhören.

Wenn aus Hobby Obsession wird

Ich bin auch keineswegs ambitioniert, den verzweifelten Versuch zu starten ihn ändern zu wollen. Denn erstens werde ich das sowieso nicht schaffen, da man Menschen nur sehr schwer ändern kann und zweitens spricht auch nichts gegen seine Leidenschaft der ständig wechselnder Autos. Ist immerhin besser als ständig wechselnde Partnerinnen zu haben. Ich meine es ist ja nicht so, dass er mich vernachlässigt oder deswegen weniger Zeit mit mir verbringt. Ganz im Gegenteil: Ich kann eigentlich froh sein, dass er mich involviert wenn es um sein Hobby beziehungsweise um seine Obsession geht und er mich jeden Samstag mitnimmt, um eine Spritztour mit dem gemieteten Porsche zu machen. Denn ich kann mir gut vorstellen, dass es viele Frauen gibt, die nicht mit einbezogen werden, wenn es um die typischen Männer-Hobbys geht. Zum Beispiel am Pokertisch, beim Angeln mit dem Kumpel oder auf Kneipentour, inklusive Billard und Darts. Und wenn ich ehrlich bin, dann habe ich während diesen Spritztouren auch schon viele spannende Dinge erlebt. Obgleich ich mich nie an diese rasante Geschwindigkeit gewöhnen werde. Aber inzwischen wird mir auf dem Beifahrersitz wenigstens nicht mehr schlecht und ich kann zumindest so tun, als würde ich die Fahrt genießen. Ihm zuliebe.